Anhand der Tagesschau lässt sich zeigen, wie gute Ideen in der Schublade verschwinden – bis Medientechnik und Medienverständnis so weit sind, die Vision umzusetzen.
Erst seit März 1959 sah man überhaupt einen Nachrichtensprecher auf der Mattscheibe: auf einen 5-Minuten-Block mit Wortnachrichten kamen– ebenfalls im Block – die Filme dazu – mit der Folge, dass die Zuschauer die Wortbeiträge hörend am Eisschrank genossen, um dann zu den Filmen wieder im Fernsehsessel zu sitzen.
Seit Ende 1960 sehen wir dem bewährten Tagesschau-Konzept zu: Ein Sprecher mit Grafik oder Standbild im Hintergrund wechselt mit Filmbeiträgen ab.
Die Idee, Wort und Bild abzuwechseln, war aber schon sehr viel älter und kam ausgerechnet von der Kinowochenschau. Heinz Kunze-Just, Chefredakteur der Neuen Deutschen Wochenschau, schlug NWDR-Programmdirektor Pleister im Oktober 1951 vor, ihm die Tagesschau auf Film zu liefern:
- Redaktionsschluss um 12 Uhr mittags – Auswahl von drei oder vier Stories – Schnitt der Filme – Texterstellung für den Sprecher im On
- Solange der Sprecher etwas zu sagen hatte, sollte im Hintergrund Schwarzfilm laufen, um danach rechtzeitig mit den Filmbildern fortzufahren.
Die Länge hätte vorher also genau kalkuliert werden müssen, damit weder der Film dem Sprecher ins Wort fiel noch die Zuschauer vielleicht sogar eine Minute auf einen dunklen Bildschirm starren mussten.
Der sichtbare Nachrichtensprecher wäre die Novität gewesen – der Vorschlag macht deutlich, dass man sich selbst in Medienkreisen noch nicht vorstellen konnte, was Fernsehen eigentlich ist – nämlich genauso flexibel wie flüchtig.
Sigrun Lehnert
Quelle: Brief von Kuntze-Just (NDW) an Pleister (Programmdirektor NWDR), 22.10.1951, BArch B 145/112.

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