The Best Holiday-Episode-List Ever!?

Von allen (vor-)weihnachtlichen Traditionen spiegelt wohl kaum eine sowohl die digitale Alltagskultur als auch den medialen Hype und Mythos um die Feiertage so treffend wider wie die jährlichen Auflistungen der “besten”, “festlichsten” oder einfach “liebsten” Feiertagsepisoden aus Fernsehserien. 

Ganz im Stil von Buzzfeed & Co. präsentieren wir euch dieses Jahr also ebenfalls eine Liste unserer persönlichen Lieblinge unter den Weihnachts- und Festtagsfolgen. Ausgewählt und vorgestellt von Mitgliedern der AG Fernsehen, in unbestimmter Reihenfolge, zur Inspiration und Besinnung auf die “wahre Bedeutung von Weihnachten”, wie das Fernsehen sie interpretiert.

Der Giraffenpullover für Carrie (eigener Screenshot).

King of Queens, Staffel 3, Episode 3: Better Camera

Herbert Schwaab @herbertschwaab schreibt:

In dieser Episode geht es um die verheerende Wirkung des Schenkens. Da Doug enttäuscht ist, dass seine Frau die von ihrem Chef geschenkte Kamera der von ihm geschenkten vorzieht, denkt sie, dass der scheußliche Giraffenpullover, den sie bekommt, als Rache gedacht war. Der peinliche Moment, als Doug realisiert, dass Carrie dies vermutet, bedroht die weihnachtliche Eintracht, die nur von dem Hulk-Darsteller Lou Ferrigno gerettet werden kann. Ich fühle mich bei der Darstellung von Alltagsproblemen in dieser Sitcom immer sehr ertappt und an eigene Konflikte erinnert, was die große Alltagsbindung der Sitcom King of Queens verdeutlicht und vielleicht erklärt, warum ich mir sie schon etliche Male angeschaut habe. 


© Netflix

BoJack Horseman: Sabrina’s Christmas Wish

Markus Kügle schreibt:

Mit einer ganz besonderen Feiertagsfolge haben wir es bei Sabrina’s Christmas Wish der Animations-Serie BoJack Horseman (created by Raphael Bob-Waksberg, Netflix, 2014–2020) zu tun. Weltweit veröffentlicht wurde die Sonderfolge am 19. Dezember 2014. Die Episode verfügt über keine offizielle Nomenklatur. Sie liegt im Serienverlauf zwischen der 13. Episode der 1. Staffel (Veröffentlichungsdatum: 22.08.2014) und der 1. Episode der 2. Staffel (17.07.2015).

Fernsehtheoretisch von Interesse ist die Folge zum einen, weil sich darin die zwei Hauptfiguren BoJack (gesprochen von Will Arnett) und Todd Chavez (gesprochen von Aaron Paul) höchst selbstreflexiv über Sinn und Unsinn von televisuellen Feiertagsfolgen unterhalten, wobei Kommentare wie etwa „Special Holiday Episodes are always stupid!“ [TC: 01:27–01:28] nicht ausbleiben (dürfen). Für die negative Meinung scheint es klare Gründe zu geben, denn so wären Feiertagsfolgen lediglich „[c]ynical cash grabs by greedy corporations looking to squeeze a few extra Nielsen points out of sentimental claptrap for mush-brained idiots who’d rather spend their Christmas watching a fake family on TV than actually trying to have a conversation with their own dumb families!” [TC: 01:29–01:43]. Aber all dies mündet trotzdem oder vielleicht sogar gerade deswegen im gemeinsamen Ansehen einer alten Weihnachtsfolge der schon längst abgesetzten Sitcom von BoJack Horseman namens Horsin’ Around.

Zum anderen ist diese Weihnachtsfolge von Belang, weil im Feuilleton immer noch die grobe Fehlannahme vorherrscht, dass es sich bei den special episodes einer Serie im Zeitalter des Binge-Watchings um eine aussterbende Art handelt. Trotz all dem haben wir es bei BoJack Horseman mit einer Serie zu tun, die exklusiv für Netflix produziert worden ist und dennoch oder gerade deswegen mit einem Special direkt vor Weihnachten aufwartet. Kurzum: Bestimmte Formen des guten alten Fernsehens sind einfach nicht totzukriegen. Sie prägen uns bis hinein in die Zeiten und Möglichkeiten von On-Demand-Streaming, wenn nicht sogar darüber hinaus. Oder, wie es Todd treffend konstatiert hat: „You have to watch cheesy old holiday specials on Christmas. It’s tradition!“ [TC: 08:30–08:33]. Und dies ist ganz einfach so, ganz einfach, weil „Things don’t become traditions because they’re good, BoJack. They become good because they’re traditions!“ [TC: 08:35–08:40]. In diesem Sinne also: Frohe Weihnachten!


The Guardians of the Galaxy: Holiday Special

Monika Weiß @drweissmo schreibt:

Worum gehts: Bei diesem Special der Marvel-Reihe um die (Anti-)Held*innen Quill, Gamora, Nebula, Drax, Mantis, Rocket und Groot steht Weihnachten im Mittelpunkt. Da Quill öfter von seiner Kindheit auf der Erde schwärmt und alle anderen (als Nicht-Erdlinge) mit dem Konzept Weihnachten erstmal nichts anfangen können, entschließen diese sich, auf die Erde zu reisen und Quill von dort das denkbar beste Weihnachtsgeschenk zu besorgen. Die Idee ist, einen von Quills Helden zu entführen und ihm zu schenken: Kevin Bacon. Das gelingt nach vielen intergalaktisch-kulturellen Missverständnissen und Quill feiert mit Kevin Bacon und allen anderen der Guardians auf dem Planeten „Knowhere“ unvergessliche Weihnachten.

Warum sehenswert: Wie immer bei den Guardians ist es die Komik, die überzeugt. Menschliche bzw. unsere christlich-gesellschaftlichen Traditionen und Normen werden durch das Unverständnis der Aliens in ihrer scheinbaren Unlogik, aber auch Liebenswürdigkeit offengelegt. Dieser vorgehaltene Spiegel allein, der uns den wünschenswerten Umgang miteinander aufzeigt, öffnet nicht nur Marvel-Fans das Festtagsherz. Vor allem aber ist es die Musik, die mich von diesem Special überzeugt: All denjenigen, die sich mit alternativer, nur grenzwertig ‘mainstreamiger’ Weihnachtsmusik in Stimmung bringen wollen, sei es ans Herz gelegt: Anstatt „Last Christmas“ (Wham) oder „All I want for Christmas is You“ (Mariah Carey) sind The Smashing Pumpkins mit ihrem „Christmastime“ zu hören, oder auch Glam-Rocker Hanoi Rocks mit „Dead by X-Mas“, The Wombats mit „Is this Christmas?“, „Christmas Wrapping“ von The Waitresses und natürlich „Fairytale of New York“ von The Pogues feat. Kirsty MacColl. 

(Marvel Studios, USA 2022, Regie: James Gunn, Länge: 44 min.)


© Warner Bros. Television

Friends, Staffel 7, Episode 10: The One with the Holiday Armadillo

Michaela Wünsch @michaelawuensch schreibt:

In der Episode möchte Ross, anders als die Mutter seines Sohnes Ben, die mit ihm Weihnachten feiert, ihm das jüdische Fest Chanukkah nahebringen und erklären, worum es bei dem Fest geht. Sein Sohn unterbricht ihn jedoch mehrmals mit populären Weihnachtsliedern und anderen attraktiven catchy phrases, die mit Weihnachten verbunden sind, sodass Ross aufgibt und versucht, ein Weihnachtsmann-Kostüm auszuleihen. Da es aber so kurz vor den Feiertagen keine mehr gibt, bekommt er nur ein Gürteltier-Kostüm (das titelgebende Holiday Armadillo) und erreicht damit trotzdem, dass sein Sohn ihm zuhört. Jedoch tauchen Chandler und Joey im Santa- bzw. Superman-Kostüm auf und stehlen ihm zeitweilig die Show. Letztendlich kann Ross die Geschichte des Chanukkah-Festes vollständig erzählen.

Die Episode befasst sich zum einen mit dem sonst eher selten thematisierten jüdischen Hintergrund der Hauptfiguren Ross und Monica Geller. Zum anderen zeigt sie die Attraktivität und Popularität von Weihnachten bei Kindern durch mediale und kapitalistische Elemente, wie z.B. Songs, Verkleidungen und natürlich Geschenke. 


© Chuck Hodes/FX.

The Bear, Staffel 2, Episode 6: Fishes

Kim Hebben @kimhebben schreibt:

Die Weihnachtsepisode „Fishes“ ist für mich bereits zum modernen Klassiker geworden, auch wenn sie am 16. August, fernab der Weihnachtszeit, ihre Erstausstrahlung hatte. Die Episode sticht bereits mit ihrer Überlänge von 68 Minuten hervor (bemerkenswert ist, dass auch die anderen Folgen in der Länge zwischen 21-42 Minuten variieren). Fishes gibt zum ersten Mal einen tieferen Einblick in die dysfunktionale Familiendynamik von Protagonist Carmy Berzatto und präsentiert neue Figuren, die im Verlauf der Episode (nicht zuletzt durch die Starbesetzung und die hervorragenden Schauspieler*innen) eine enorme Tiefe und Story erhalten.

Es herrscht eine Atmosphäre von Chaos, Anspannung und Gewalt vor. Jede Szene und jeder Dialog scheinen geladen und es kommt immer wieder zu kleineren Eskalationen, die aber unter der Prämisse der Weihnachtsstimmung und des Beisammenseins im Familienkreis immer wieder beschwichtigt werden, was auch Carmys Verhalten in vorherigen und noch folgenden Episoden spiegelt. Auch wenn das Familienbild hochgradig dysfunktional ist, erinnert die Episode dennoch an stereotypische Weihnachtsfilm-Tropen, in denen die Familie trotz aller Unstimmigkeiten Weihnachten gemeinsam an einem Tisch sitzt, wobei nicht auf Sticheleien verzichtet werden kann. Fishes zeigt eine Extremform von Weihnachtsstress und schafft es dabei trotzdem, besinnliche Momente und den Zusammenhalt der Familie als zentrale Instanz der Serie The Bear hervorzuheben.


Seth Cohen präsentiert Chrismukkah (eigener Screenshot).

The O.C., Staffel 1, Episode 13: The Best Chrismukkah Ever 

Christine Piepiorka @christinepiepiorka schreibt:

In dieser Episode erklärt Seth seinem Adoptivbruder Ryan, der nun mit der Familie Cohen zusammenlebt, aber kein großer Fan von Weihnachten ist, den kombinierten Feiertag „Chrismukkah“: Eine für ihn kongeniale Verbindung von Christmas aus dem Christentum und Chanukkah aus dem Judentum. Dies ist eine ebenso schöne wie humoristische Verhandlung um die Vorteile beider Feiertage, in den Worten von Seth: “eight days of presents followed by one day of many presents”. Die Folge thematisiert sowohl den emotionalen, materiellen und familiären Druck um Weihnachten als auch die alljährliche Rückkehr vieler Menschen zum Glauben nur für diese Feiertage. 


Die Familienmitglieder, tot wie lebendig, am Klavier (eigener Screenshot).

Ghosts, Staffel 2, Episode 7: The Ghost of Christmas

Elsa-Margareta Venzmer @elsavenzmer schreibt:

In der britischen Comedy-Serie Ghosts (BBC One, 2019–2023) lebt ein junges Ehepaar, Alison and Mike, in einem Anwesen mit Geistern verschiedener Menschheitsepochen zusammen. Die Serie selbst zeichnet sich grundsätzlich durch viel Sentimentalität aus, da in verschiedenen Episoden in Rückblicken erzählt wird, wie jeder einzelne Geist auf tragische Weise verstarb. Die „Christmas Specials“ erweisen sich allerdings als besonders sentimental.

Die Episode The Ghost of Christmas folgt vornehmlich dem Geist Julian, der – wie man anhand seiner (fehlenden) Kleidung erkennt – an einem Herzinfarkt starb, während er Sex hatte, oder wie er es in einer späteren Folge ausdrückt: „Going out with a bang“ (S5E5, 04:08–04:10). Als konservativer Politiker im britischen Parlament predigte er stets das Motto „Family! Family! Family!“ (S2E7, 00:28–00:32), jedoch hatte er zu Lebzeiten selbst nie Zeit für seine damals vierjährige Tochter bzw. wollte er sich nicht die Zeit für sie nehmen.

In der besagten Weihnachtsepisode haben Alison und Mike Familienmitglieder an Weihnachten zu Gast, von denen eins ihr Kind, ein Baby, mitbringt. Julian fühlt sich zunächst gestört von dem schreienden Säugling, der in ‚seinem‘ Zimmer schläft. Gegen Ende der Episode, nach einigen Streitigkeiten in der Familie und unter den Geistern, hat Julian eine Verbindung zu dem Baby aufgebaut und kommt zu einer Erkenntnis, die er seinen Mit-Geistern mitteilt: „I had a daughter, you know. She was only four years old when I died, yet I managed to miss every single christmas with her. I missed them all. Missed the crying, the screaming, the sleepless nights. I thought I was so clever avoiding all that, but now I realise it’s all part of it. Your family are supposed to drive you bonkers at Christmas. […] Maybe we should just feel grateful that we’re having one at all“ (S2E7, 24:00–24:55).

Essenziell an Weihnachtsepisoden in Fernsehserien ist Sentimentalität und wie diese ästhetisch und narrativ inszeniert wird. Im Fall von Julian macht das Sentimentale die Sehnsucht nach etwas Vergangenem aus, etwas Unerreichbares, und die damit verbundene Nostalgie. Am Ende der Episode singt Julian mit seiner ‚neuen‘ (Geister)Familie schließlich ein Weihnachtslied als Akt der Versöhnung. In diesem Sinne: Family! Family! Family!

Eine Antwort zu „The Best Holiday-Episode-List Ever!?”.

  1. […] Special Feature präsentierten die AG-Mitglieder im vergangenen Jahr ihre „The BestHoliday-Episode-List Ever!?“. Dieser erste Weihnachts-Sonderbeitrag wird hiermit fortgeführt, um im besten Fall eine […]

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