So, nun ist Ostern schon wieder rum. Und was bleibt hängen? Was wurde vom Fernsehen geboten? Es folgt ein durchgezappter Blick auf das Programm.
von Monika Weiß @drweissmo
Ähnlich wie Weihnachten ist Ostern nicht nur ein christliches Fest, sondern vielmehr ein gesellschaftlich geteiltes Ritual, das sich im Konsumismus und in den Medien vollzieht (vgl. Schmidt 2020: 167). Genau diese Elemente spiegelt Jahr für Jahr auch das Fernsehen in seinem Programm wider: einerseits fiktionale Geschichten um Jesus und das junge Christentum, andererseits Ostershows und Reportageformen zu den Bräuchen im In- und Ausland. Als drittes ist es die saisonale Werbung, die die Fernsehschauenden nicht vergessen lässt, dass Ostern ist. Also „alle Jahre wieder…“ kommt nicht nur das Christuskind.
1. Osterfilme
Nachdem ein intensives Fernseh-Ostern hinter der Autorin liegt, ist zu resümieren, dass einem tatsächlich Serienspecials oder Osterfolgen nicht begegnen. Dies ist anders als zu Weihnachten, wo Stimmung und Rituale wohl besser aufgreifbar sind. Es stellen sich die Fragen: Was ist anders? Warum ist Weihnachten medial so viel beliebter, ist doch das Osterfest im christlichen Glauben das wesentlich wichtigere und auch älteste aller kirchlichen Ereignisse? Liegt es an der „freudebringenden Weihnachtszeit“, der Geburt eines Babys und dem Ritus des Schenkens und Beschenktwerdens (vgl. Schmidt 2020: 168)? Kein anderes Fest steht in der Gesellschaft mehr für Nächstenliebe und Frieden. Dabei sind doch Leiden und Kreuzigung Jesu der größte Akt von Selbstaufopferung und Nächstenliebe – zur Erlösung der Menschheit. Es bleibt anzunehmen, dass Ostern die Leichtigkeit fehlt und das Fest sich dadurch nicht für besondere Folgen anbietet.
Osterfilme sind Historienfilme, oftmals Dramen. Mit ihnen wird die Geschichte um Jesus und seine Jünger wiederaufgeführt, ebenso wie die Entstehung des Christentums, also die Ereignisse direkt nach der Kreuzigung und Auferstehung. Ostern wird in der Regel filmisch nicht in der Gegenwart, in einem familiären Alltag inszeniert. So waren auch in diesem Jahr wieder Charlton Heston als Ben Hur (1959) zu sehen, Robert Taylor als Marcus Vinicius, Peter Ustinov als Kaiser Nero und Deborah Kerr als Lygia in Quo Vadis (1951) sowie Graham Chapman als Brian Cohen, der in Monty Python’s Life of Brian im Stall neben Jesus geboren und gemeinsam mit ihm gekreuzigt wird.
Im thematischen Fahrwasser schwimmen Filme wie Der Name der Rose (1986) und Gladiator (2000) mit. Ostern erscheint filmisch gesehen als ein Fernsehfest der Sandalen und Mönche, ohne Eier und Hasen.
2. Ostershows und Osterbräuche
Ostern findet sich aber dennoch als Special Event im Fernsehen – nämlich im nichtfiktionalen Sektor. Auf RTL dominierten siebeneinhalb Stunden Günther Jauch und sein Wer Wird Millionär?-Osterspecial die Bildschirme; auf Sat.1 zwar zeitlich nicht so ausgiebig, aber ebenso dominant Das große Promibacken-Osterspecial. Über Ostern wird aus dem Normalen das Besondere, quasi alltägliche Shows werden zum Medienereignis erhoben (vgl. Hill 2007: 49 – jedoch gänzlich abseits des christlichen Hintergrunds. Mit Jesus, seinem Leidensweg und seiner Auferstehung sind diese Shows nicht in Verbindung zu bringen, vielmehr mit den weiteren Ostersymboliken, den bunten Eiern, den Osterhasen, gebackenen Osterlämmern und gelben Narzissen.

„Wer wird Millionär? Das große Oster-Special“
Quelle: RTL.de
Das, was aus dem Fernsehen Ostern schreit, sind Dekorationen und spezielle Anforderungen an den zu kreierenden Kuchen (beim großen Promibacken), aber auch Fragen an die Kandidat_innen, was bei ihnen Ostern Brauch ist.
Was für eine gute Überleitung: Das Fernsehen lebt quasi Konservativismus in den Osterbräuchen vor. So wurden „Frühlings- und Osterbräuche“ (SWR) vorgestellt, „Ostern auf der Hallig“ (ARD) und in Berlin (RBB) inszeniert, die Osterglocken Tirols (3Sat) wurden besucht, um dort gleichzeitig „die besten regionalen österlichen Gaumenfreuden“ (3Sat) zu genießen. Ebenso wie die Shows bedient sich auch das Factual TV weniger am ursprünglichen Festgedanken. Hier erscheint Ostern ohne Sandalen und Kreuze, sondern als Dekoration und Kulinarik.
3. Osterwerbung
Am auffälligsten aber, schon Wochen zuvor: saisonale Osterwerbung. Lila, rosa und goldene Schokohasen, Nougat und Eierlikör fließen in vorgeformte Eierschalen, Kaninchen hoppeln über Wiesen, Ostereier, Blumen oder Schokoriegel werden an Nachbarn verschenkt und Freunde genießen zusammen das Ostermahl. Ostern ist einer der Anlässe der großen Werbekampagnen. Die Symbole, die das Fest prägen, werden zur Produktplatzierung genutzt. Dies gelingt ganz besonders im Schokoladensektor. Aber auch mit den Boten des Frühlings. Mit bunten Farben, blühenden Gärten und einer fröhlichen Atmosphäre zieht neben Ostern endlich auch der Frühling ein. Mit Ostern endet die Fastenzeit, kein Wunder rekurriert die Werbung so auf Gaumenfreuden und Genuss.
Was also bleibt nach einem intensiven Osterfernsehwochenende zurück? Eine doppelte Matrix: Ostern ist natürlich noch immer das hohe christliche Fest. Das findet sich natürlich auch im Fernsehen wieder. Aber es dominiert doch ein Alltagsmythos Ostern (vgl. Barthes 1957), bestehend aus Hasen, Eiern und Frühlingserwachen. Dieser soll vor allem unterhalten, transportiert aber ebenso gesellschaftliche und konsumistische Wertvorstellungen. Nicht das Kreuz, sondern Eier und Hasen sind die dominanten kulturellen Symbole, die über ihre materielle Bedeutung hinausgehen und den gegenwärtigen Alltagsmythos Ostern prägen.
Literatur
Barthes, Roland (1964): Mythen des Alltags. Frankfurt: Suhrkamp.
Hill, Annette (2007): Restyling factual TV. Audiences and News, Documentary and Reality Genres. London: Routledge.
Meyrowitz, Joshua (1985): No Sense of Place. The Impact of Electronic Media on Social Behavior. New York: Oxford Univ. Press.
Schmidt, Axel (2020): Weihnachten (wie) im Fernsehen. In: Konstanze Marx (Hg.): Weihnachtslinguistik. Festliche Texte über Sprache. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 167-172.


Hinterlasse einen Kommentar